Anonyme Geldgeschäfte. Hohe Gewinne. Geheimnisvolle Computer in der Mongolei und Meldungen über Währungen im „Darknet“ – Kryptowährungen würden sich sicherlich eignen, daraus einen James-Bond-Film zu machen. Auch als erstes Kreditinstitut Rheinhessens finden wir dieses Thema spannend und möchten eine kleine Einführung zu Ether, IOTA, Ripple & Co. geben.
Denken wir viele, viele Jahre zurück. In eine Zeit vor Computern, Smartphones und Bargeld. Wer damals etwas bezahlen wollte, musste handeln. Denken Sie an zwei Bauern, die einen Handel abschließen: Fünf Schweine für eine Kuh. Nun haben die genannten Paarhufer einen Nachteil: Sie sind nicht wertstabil. Selbst bei guter Fütterung und bester Pflege werden sie irgendwann keinen Wert mehr darstellen. Zwar könnte sich die Investition in die fünf Schweine gut verzinsen, wenn ein Tier männlichen Geschlechts und die übrigen vier weiblichen Geschlechts wären, doch das wäre spekulativ. Was aber nun, wenn der Bauer mit den Schweinen eine Ziege kaufen möchte, der Ziegenhändler aber keine Schweine als Zahlungsmittel akzeptiert? Allgemein anerkannte Zahlungsmittel gab es nicht immer. Etwas Neues musste also her und man erfand das Geld… Der Trend zu Innovationen im Finanzbereich hält an, sodass nun seit einiger Zeit „Kryptowährungen“ in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten. Es handelt sich dabei um „digitales“ Geld, das nur mit Hilfe von Verschlüsselungstechniken (daher „Krypto-“) existieren kann.
Braucht man das oder kann das weg?
Der Handel zwischen den Bauern, aber auch unser Geldsystem beruhen auf Vertrauen. Kritiker sehen hierein einen Nachteil. Denn der Bauer aus unserem Beispiel muss sich auf die Qualität der Schweine verlassen, genauso wie der Bürger auf den Staat und seine Notenbank vertrauen muss, dass diese den Wert des Geldes stabil halten.
Verfechter von Kryptowährungen bemängeln zudem, dass bei Transaktionen keine Übertragung der Geldwerte auf digitalem Weg direkt zwischen zwei Parteien möglich sei – dazu sind als vermittelnde Instanz bis heute Banken nötig. Die Idee hinter Kryptowährungen ist, von diesen Gegebenheiten unabhängige Währungen zu erschaffen.
Wie funktionieren Kryptowährungen?
Kryptowährungen, auch Coins genannt, bedienen sich in der Regel der Blockchain, einer dezentralen Datenbank, mit deren Hilfe das Guthaben der Teilnehmer verwaltet wird. Hierin wird jede Transaktion zwischen den Teilnehmern vermerkt, wie in einer großen Exceltabelle. Jeder Teilnehmer hat eine eigene Adresse, unter der eingesehen werden kann, wie viele Coins er besitzt, der Name dahinter bleibt jedoch verborgen. Daher sind Kryptowährungen transparent und Manipulationen extrem schwierig. Wer sich an der Berechnung der Verschlüsselung der Blockchain beteiligt, kann als Belohnung dafür Coins der entsprechenden Währung erhalten. Für Privatleute lohnt sich das aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, da die Berechnungen immer komplizierter werden und man daher ständig in neue Computertechnik investieren müsste und zudem der Energiepreis den in Coins erwirtschafteten Gewinn gleich wieder ganz oder teilweise auffrisst. Gefräßige kleine Schweinchen also. Daher liest man immer öfter von Krypto-Farmen, die sich auf das sogenannte „Mining“, das digitale „Schürfen“ von Kryptowährungen, spezialisieren. Sie finden sich vorrangig da, wo Energiepreise niedrig und die benötigten Computer einfach zu beschaffen sind. Die Mongolei scheint ein solcher Ort zu sein…
Wie kann ich mitmachen?
Der Handel mit Kryptowährungen erfolgt auf speziellen Börsen über das Internet. Hier können Sie, je nach Plattform, nach erfolgreicher Anmeldung gegen Euro, Dollar oder andere Kryptowährungen die Coins Ihrer Wahl kaufen. Zentrale Voraussetzung ist also ein Internetzugang.
Anschließend können Sie Ihre Coins online, oder noch besser, mit Hilfe einer Software („Wallet“ genannt) auf Ihrem Computer aufbewahren. Am sichersten sind sogenannte „Offline-Wallets“, mit denen Sie die Coins ohne eine Internetverbindung aufbewahren, z.B. auf einer Art USB-Stick.
Sie können aber auch beim sogenannten „Mining“ mitmachen, um Coins zu erzeugen. Entweder schaffen Sie sich dazu selbst ein geeignetes Computersystem an, was jedoch kostenintensiv ist und sich auf Grund der Energiepreise nicht immer lohnt, oder Sie beteiligen sich am sogenannten „Cloud-Mining“. Dabei wird durch eine Gemeinschaft ein Mining-System betrieben. Jeder, der sich an der Gemeinschaft beteiligt, bekommt auch ein Stück vom Krypto-Kuchen ab. Sie „mieten“ sich die benötigte Rechenleistung also nur.
Welche Vor- und Nachteile haben Kryptowährungen?
Kryptowährungen sind theoretisch anonym. Zwar kann man beispielsweise in der Blockchain des Bitcoin sehen, welcher Nutzer wie viele Bitcoin hat, doch wer sich hinter dem Nutzer verbirgt, weiß man nicht. Wer also anonym bleiben möchte, findet hierin einen Vorteil. Ebenso sind Zahlungen direkt, ohne zwischengeschaltete Korrespondenzbank, zwischen zwei Nutzern möglich – und damit weltweit. Die Transaktionszeiten sind von Währung zu Währung unterschiedlich. Je nach Anwendungszweck muss man für sich selbst entscheiden, ob das nun ein Vor- oder Nachteil ist: Dauert eine Zahlung beispielsweise acht Minuten, kann das zum Bezahlen an der Kasse eines Geschäftes (sofern das denn überhaupt möglich ist – siehe die Situation des Schweinebauern beim Ziegenhändler) eine quälend lange Zeit werden. Bei einer Überweisung nach Südamerika wären acht Minuten Wartezeit in den meisten Fällen wohl zu verschmerzen. Ein weiterer Nachteil liegt, wie angedeutet, in der Akzeptanz. Es gibt mittlerweile mehrere Tausend Kryptowährungen und ständig kommen neue hinzu, andere verschwinden still und heimlich. Dass der Bio-Gemüsehändler nun nicht fortlaufend seine Bezahlmöglichkeiten an den aktuellen Bestand an Kryptowährungen anpasst, wundert daher wohl niemanden – sonst würde sein Gemüse bald nur noch als Schweinefutter taugen…
Eignen sich Kryptowährungen als sichere Geldanlagen?
Eher nicht. Wie alle Währungen unterliegen sie Schwankungen des Wechselkurses und letztlich kann niemand mit Sicherheit sagen, wie sich die Wechselkurse in Zukunft entwickeln. Und gerade bei Kryptowährungen waren die Ausschläge nach oben und unten teils beträchtlich. Wer also mit dem Gedanken spielt, sein mühsam Erspartes in eine Kryptowährung zu investieren, der sollte sich überlegen, was ein Totalverlust für ihn bedeutet. Sonst steht er am Ende so da, wie der Bauer, dem die Schweine fortgelaufen sind.
Welch seltsame Blüten der Handel mit Kryptowährungen treibt, hätte sich vor ein paar Jahren wohl auch niemand ausdenken können. Sonst hätte Laszlo Hanyec, ein Programmierer aus Florida, bei der ersten Transaktion, bei der reale Ware mit Bitcoin bezahlt wurde, wohl kaum 10.000 Bitcoin für zwei Pizzas ausgegeben. Mitte Dezember 2017 hatte diese Anzahl Bitcoin einen Gegenwert von über 150 Millionen Euro. Immerhin wird seit dem 22. Mai 2010 jährlich der Bitcoin Pizza Day gefeiert. Vielleicht hat der Pizzabäcker von damals seine Bitcoin ja behalten? Wenn ja – „Schwein“ gehabt…
Auch unterliegen Kryptowährungen mitunter politischen Risiken. Südkorea hat angekündigt, alle Arten von Blockchain-Finanzierungsmethoden zu verbieten. In China will man das Mining einschränken, indem die Energiezufuhr für die Computer gedrosselt werden soll. Solche Meldungen lassen die Kurse natürlich nicht unbeeindruckt.
Ein weiteres Beispiel für die Unberechenbarkeit von Kryptowährungen ist „Dogecoin“. Die ursprünglich als „Scherzwährung“ erfundene Kryptowährung hat kurz nach dem Jahreswechsel 2017/2018 eine Marktkapitalisierung von zwei Milliarden Euro erreicht, kurz zuvor soll es noch eine Milliarde Euro gewesen sein.
Dennoch, die bunte Welt der Kryptowährungen bleibt vor allem eins: Spannend. Wo die Reise hingeht, wird die Zukunft zeigen – wir halten Sie auf dem Laufenden.