Deutscher Kinderschutzbund Mainz e.V.

Katharina Gutsch, Geschäftsführerin des Orts- und Kreisverbands Mainz des Deutschen Kinderschutzbund e.V.

Seit fast 40 Jahren setzt sich der Deutsche Kinderschutzbund auch in Mainz für die Rechte der Kleinsten ein und hilft Familien und Kindern mit zahlreichen Angeboten. Seit kurzem ist Katharina Gutsch Geschäftsführerin der sozialen Einrichtung. Im Interview erzählt sie von der Arbeit und den Herausforderungen des Kinderschutzbundes.

Rheinhessen Sparkasse: Der Orts- und Kreisverband Mainz des Deutschen Kinderschutzbunds e.V. existiert seit 1978. Worin liegen die Aufgaben des Kinderschutzbundes? An wen richten Sie sich mit Ihren Hilfsangeboten?

Katharina Gutsch: Als Lobby für Kinder machen wir uns stark für Kinder und Eltern in Mainz und in der Region und setzen uns dafür ein, dass die Kinderrechte gehört und gewahrt werden. Als innovativer Fachverband entwickeln wir neue Konzepte in der Kinder- und Jugendhilfe und sind parteipolitisch sowie konfessionell unabhängig. Wir richten uns an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aber auch an Mütter, Väter, Omas, Opas und alle, die in Erziehungsverantwortung stehen.

Unsere Angebote sind so vielfältig, wie die Anforderungen des Lebens. Im Rahmen von „frühen Hilfen“ stehen wir werdenden Eltern bei vielen Fragen, die der Start in das Familienleben mit sich bringt, unterstützend zur Seite und begleiten Eltern und Kinder in den ersten Lebensjahren bei Bedarf sehr eng. Wir bieten eine Kinderkrippe und eine Kindertagesstätte, wir bereiten Kinder aus benachteiligenden Lebenssituation auf den Übergang Kita/Grundschule vor, in unserem Kinderhaus BLAUER ELEFANT können Kinder im Alter zwischen 6 und 12 Jahren am Nachmittag spielen und lernen. Der Kinderschutzbund ist im gesamten Stadtgebiet und in der Region an Schulen vertreten, so z. B. in der Schulsozialarbeit. Und natürlich sind wir in Krisensituationen für Kinder und Familien da, wie beispielsweise bei Gewalt in Familien, Trennung und Scheidung, Armut und sozialer Benachteiligung, Schwierigkeiten in der Schule und persönlichen Problemen. Zudem betreuen wir ein Tages- und ein Kinderheim, also ein teil- und ein vollstationäres Haus, damit wir Kinder in besonders kritischen Situationen helfen können. Vielfältige Kurse und Gruppen für Kinder und Eltern runden unser Angebot ab. Wichtig bei allem ist uns die gute Zusammenarbeit mit den Eltern, denn: starke Eltern = starke Kinder.

Rheinhessen Sparkasse: Sie nehmen also vielfältige und sehr wichtige Aufgaben wahr. Wie haben sich diese Aufgaben seit dem Jahr der Gründung des Orts- und Kreisverbandes Mainz verändert?

Katharina Gutsch: 1978 als der Kinderschutzbund gegründet wurde, war der Schutz von Kindern vor häuslicher Gewalt ein großes Thema. Doch der Kinderschutzbund wollte Kindern und Eltern auch im Alltag eine wirkliche Stütze sein und so entwickelten sich aus dem Bedarf heraus zahlreiche Angebote, die stets ausgebaut wurden. Das Angebot, das mit ehrenamtlicher Hausaufgabenhilfe und Kinderbetreuung begann, professionalisierte sich im Lauf der Jahre und wurde über öffentliche Mittel und Spenden auf eine solide finanzielle Basis gestellt. Heute sind wir ein anerkannter Träger der Jugendhilfe und verfügen über ambulante, teilstationäre und seit 2017 auch über eine vollstationäre Einrichtung. Gegründet von einem ehrenamtlichen Vorstand ist der Kinderschutzbund heute Arbeitgeber für über 150 Mitarbeiter. Als Lobby für Kinder setzen wir uns aktuell verstärkt dafür ein, dass die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden und dadurch in Zukunft rechtlich bindend sind. Als kleines Zeichen eröffnen wir im Mai den ersten Mainzer Platz der Kinderrechte auf dem Goetheplatz in der Neustadt und wir hoffen, dass viele Städte in Deutschland nachziehen werden.

Rheinhessen Sparkasse: Sie bezeichnen sich selbst als Lobby für Kinder. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die Rechte und Bedürfnisse von Kindern nicht immer ausreichend beachtet werden?

Deutscher Kinderschutzbund Mainz e.V.

Kinderhaus „BLAUER ELEFANT“

Katharina Gutsch: Ganz einfach: Die Kleinsten haben die leiseste Stimme. Zudem sind – politisch gesehen – nur 16,6 % der Einwohner von Mainz jünger als 20 Jahre – Kinder und Jugendliche repräsentieren also einen kleinen Teil der Gesellschaft und wählen können sie erst ab Erreichen der Volljährigkeit. Und vielleicht muss man auch die Frage stellen, wie kinderfreundlich unsere Gesellschaft tatsächlich ist –jeder einzelne als Mensch genauso wie Politik und Wirtschaft.

Rheinhessen Sparkasse: Gibt oder gab es einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlichem Wandel und Themen, die für Sie und Ihre Arbeit aktuell werden?

Katharina Gutsch: Ganz sicher ja, denn gesellschaftlicher Wandel schließt die Kinder als Teil einer Familie stets mit ein. Trennung und Scheidung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, gleiche Bildungschancen für alle Kinder, eine gelingende Integration von Flüchtlingen, eine zunehmende Zahl von in Armut lebenden oder vernachlässigten Kindern – die Bandbreite der Themen ist groß und entsprechend müssen wir darauf reagieren.

Rheinhessen Sparkasse: Welche Projekte setzen Sie derzeit um? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Kinderschutzbunds?

Katharina Gutsch: Aktuelle Projekte sind beispielsweise „Fit in die Schule“, Lern- und Persönlichkeitsförderung für Kinder und Jugendliche, ein Mentoring-Programm für minderjährige Flüchtlinge, „200 Wörter in 2 Monaten“-Kindersprachkurse, unser Elterntelefon „Nummer gegen Kummer“, Projekte zum Themenspektrum „gesundes Leben“ und zudem bieten wir Kurse wie „Starke Eltern – Starke Kinder“ oder „Kinder im Blick“. Als Spendenorganisation können wir solche Angebote nur dank finanzieller und ehrenamtlicher Hilfe umsetzen. Somit wünschen wir uns für die Zukunft viele Menschen, die tatkräftig mit anpacken, sich gemeinsam mit uns für Kinder und Familien in Mainz und in der Region stark zu machen.

Rheinhessen Sparkasse: Frau Gutsch, wir danken Ihnen für das Interview und wünschen Ihnen und dem Deutschen Kinderschutzbund Mainz e.V. alles Gute!