Mit dem ersten Job wird alles anders: Eben noch Teenager müssen sich junge Erwachsene plötzlich mit Verträgen und Versicherungen beschäftigen. Da kann man leicht finanzielle Vorteile übersehen.
Das Warten hat ein Ende. Vorsichtig zieht Fabian seinen ersten Arbeitsvertrag aus dem Kuvert. Für den 24-jährigen frischgebackenen Maschinenbau-Ingenieur aus Karlsruhe beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Seine Mitstudentin Jana ist schon einen Schritt weiter. Sie hat vor zwei Wochen einen Vertrag bekommen und ist gerade auf Wohnungssuche in Hannover, als Fabian sie anruft. „Worauf muss ich beim Checken des Vertrags achten?“, fragt er. Jana antwortet kurz: „Nimm Dir vor allem Zeit um alles gründlich zu lesen.“
Exakt: Gerade wer noch nie einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat, übersieht leicht das Wichtigste. Gesetzliche Grundlage sind insbesondere die Paragrafen 611 bis 630 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Im Internet finden sich zahlreiche Checklisten zu Verträgen. Aber drei Punkte sind in jedem Fall besonders beachtenswert:
Erstens: Die Rahmenbedingungen – also: Wie lang sind Probezeit, Wochenarbeitszeit und Kündigungsfrist? Gibt es mehr Urlaub als das gesetzliche Jahresminimum von 24 Werktagen? Wo ist eigentlich der Arbeitsort? Gibt es Klauseln für Einsätze an anderen Orten?
Zweitens: Das Gehalt – also: Wird das von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarungen geregelt? Ist die Höhe an variable Leistungskomponenten gebunden? Gibt es Weihnachts- und Urlaubsgeld?
Drittens: Die Zusatzleistungen.
Und davon kann es viele geben. So genannte „geldwerte Vorteile“ wie Jobticket, Dienstwagen oder Essenschecks, aber auch finanzielle Extras wie Vermögenswirksame Leistungen. Ein Dienstwagen ist der vielleicht größte Benefit, aber bei Berufsanfängern eher selten. Darf das Auto für private Zwecke genutzt werden, muss dieser Teil der Fahrten als geldwerter Vorteil versteuert werden. Häufiger sind Mobilitätszuschläge: etwa ein Job-Ticket oder eine Bahncard. „Sprich Deine Personalabteilung darauf an“, rät Jana. „E-Bikes liegen zum Beispiel voll im Trend.“
Weitere Beispiele für geldwerte Vorteile sind Firmenlaptop und Firmenhandy zur Privatnutzung oder Gutscheine – etwa zum Tanken oder Essenschecks. Der Arbeitgeber kann auch die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und eine betriebliche Krankenzusatzversicherung anbieten oder die Kinderbetreuung im Kindergarten bezuschussen. Generell gilt: Sachbezüge sind in der Summe bis 44 Euro pro Monat steuer- und abgabenfrei. Wird dieser Betrag überschritten, muss der Arbeitgeber für die gesamte Zuwendung Lohnsteuer und Sozialversicherung abführen.
Wichtige Abkürzungen: bAV und VL
„Wie sieht es denn mit der betrieblichen Altersvorsorge aus?“, fragt Jana. Fabian winkt ab: „Brauch ich nicht. Ich fange doch gerade erst an.“ Jana beharrt. „Frag mal nach, viele Chefs bieten eine betriebliche Altersversorgung an. Erkundige dich, welches Modell es bei dir gibt und was es dir bringt.“
Klar, wer gerade in den Beruf einsteigt, denkt selten schon gleich an die Rente. Sollte man aber, denn wer die schon heute absehbare Rentenlücke schließen will, fängt am besten so früh wie möglich an. Denn gerade beim Thema Altersvorsorge ist die Zeit der beste Freund. Wer früh anfängt, kommt am Ende relativ bequem ins Ziel. Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist dabei nichts anderes als der Aufbau einer Zusatzrente über den Arbeitgeber – hier wird ein Teil des Gehalts für den Ruhestand zurückgelegt. Dabei kann das Unternehmen unter verschiedenen Modellen wählen, von der Direktversicherung über Pensionsfonds bis hin zur Pensionskasse.
Nicht jeder Arbeitgeber muss dagegen Vermögenswirksame Leistungen (VL) anbieten. Dies ist eine Zusatzsumme zum Gehalt vom Arbeitgeber von bis zu 40 Euro monatlich, die für den Vermögensaufbau genutzt werden kann.* Sechs Jahre lang wird dabei in einen Sparvertrag eingezahlt, gefolgt von einer einjährigen Ruhephase. Nach sieben Jahren kann der Betrag ausbezahlt oder weiter angelegt werden. Schätzungen zufolge haben in Deutschland über 20 Millionen Beschäftigte Anspruch auf Vermögenswirksame Leistungen, doch nur die Hälfte von ihnen nutzt das Zubrot vom Arbeitgeber. „Ob Du berechtigt bist, steht im Arbeits- oder Tarifvertrag“, erläutert Jana.
Vom Staat gibt es in vielen Fällen noch eine Arbeitnehmersparzulage dazu, maximal 80 Euro im Jahr. Die Zulage und deren Höhe sind dabei von der Sparform abhängig – und davon, wie viel der Mitarbeiter verdient. Bei allen Zuschüssen gibt es Einkommensobergrenzen. „Und wie lege ich das Geld an?“, fragt Fabian. Auch hier hat Jana eine Antwort parat: „Du hast die Wahl zwischen verschiedenen Anlageformen – zum Beispiel Banksparpläne, Bausparverträge und Fondssparpläne.“
Wer seine VL in einem Aktienfondssparplan investieren möchte, hat zahlreiche Möglichkeiten. „Durch Fondssparen können Berufsanfänger, die noch viele Jahre bis zur Rente haben, auch die Renditechancen frühzeitig nutzen“, erklärt dazu Elmar Gaugenrieder, Vermögensaufbauexperte der Deka.
Umzug und eigene Wohnung
„Alles klar“, sagt Fabian. „Und wie läuft’s bei dir?“ Jana seufzt tief. „Ich bin noch auf Wohnungssuche. Gar nicht so einfach.“ Vor dem Vorstellungsgespräch war Jana noch nie in Hannover. „Ich lerne erstmal die Stadt ein paar Tage lang kennen und schaue, wo ich eigentlich gerne wohnen würde. Zum Glück fange ich meinen Job erst in drei Monaten an.“
Auf einigen Immobilienportalen hat Jana sich schon informiert, wie teuer Wohnungen in den verschiedenen Stadtteilen sind. „Schau mal in die Tageszeitung und in die Facebook-Gruppen für Neuankömmlinge. Viele Vermieter inserieren dort“, sagt Fabian und hat weitere Tipps parat. Ein Blick auf den örtlichen Mietspiegel hilft zum Beispiel überteuerte Wohnungen auszuschließen. „Zur Not kannst du auch einen Makler einschalten – das könnte allerdings teuer werden“, ergänzt Fabian. Denn wenn der Mieter einen Makler engagiert kann der – wenn er eine Wohnung erfolgreich vermittelt – bis zu zwei Nettokaltmieten plus Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Sonst zahlt der Vermieter den Makler.
Schon jetzt ist klar: Die beiden Freunde werden einander beim Umzug helfen, denn mit einer Profi-Firma kostet dieser oft 1000 Euro oder mehr. Die Miete für einen Transporter – vor allem unter der Woche – ist da deutlich günstiger. Sparen lässt sich auch bei der Einrichtung, etwa indem man im Familien- und Freundeskreis nach gebrauchten Möbeln fragt, oder auf Flohmärkten, in Kleinanzeigen und Internetgruppen Ausschau hält.
So gelingt die Wohnungsübergabe
Vor dem Umzug steht aber erst noch die Wohnungsübernahme an. Fehlende Erfahrung kann sich dabei leicht rächen. Daher sollte man sich ein erfahrenes zweites Augenpaar zur Übernahme hinzuholen. In der Regel hat der Vermieter ein Protokoll vorbereitet. Es lohnt sich aber dennoch, eine eigene Checkliste zu machen – Muster gibt es im Internet. Denn während Dinge wie Zählerstände für Wasser, Heizung und Strom standardmäßig festgehalten werden, gibt es andere Punkte, die leicht übersehen werden:
Sind die Türen in Ordnung? Sind das Fensterglas sowie die Rahmen innen und außen in Ordnung? Ist ordentlich gestrichen? Funktionieren alle Schlüssel? Ist der Bodenbelag fleckig oder zerkratzt? Wie sehen die Fliesen in Bad und Küche aus? Wurde der Backofen gereinigt? Sind Waschbecken und Toiletten ohne Sprung? Funktionieren alle Armaturen? Leicht übersehen wird auch Schimmel. Funktionieren alle Steckdosen und Lichtschalter?
Auf jeden Fall lohnt sich eine umfassende Fotodokumentation – und auch hier gilt: an jede Ecke denken. Besteht ein Mangel, sollte dieser im Protokoll festgehalten werden, ebenso wie Reparaturen mit Zeitvorgabe. Denn für Schäden, die nicht im Protokoll stehen, kann der Mieter beim Auszug haftbar gemacht werden.
Gründlich prüfen sollte man auch den Mietvertrag – etwa, ob der Vertrag befristet ist und welche Pflichten er enthält. Dazu zählt etwa, ob und wie der Mieter das Treppenhaus reinigen oder Schnee räumen muss. Und natürlich, wer Schönheitsreparaturen zahlt oder ob Renovierungen Pflicht sind. Die Mietkaution beträgt in der Regel drei Monatsmieten. Der Betrag kann in drei Raten gezahlten werden. Alternativ muss der Vermieter auch Bankbürgschaften, Kautionsversicherungen und Kautionsschutzbriefe akzeptieren.
Miete und Nebenkosten können bei Berufseinsteigern oft die Hälfte des verfügbaren Budgets ausmachen. Gerade zu Beginn des Berufslebens lohnt es sich daher, ein Haushaltsbuch zu führen und den Einnahmen die Ausgaben für Essen und Trinken, Verkehrsmittel, Kleidung, Freizeit, Verträge und sonstiges gegenüberzustellen. Das muss kein Buch im klassischen Sinne sein, denn Dutzende meist kostenlose Apps wie etwa der Sparkassen-Finanzchecker (kostenlos erhältlich bei Google Play und im App-Store) helfen, den Überblick über die Finanzen zu behalten. Ein Tipp: Um die eigene Liquidität sicherzustellen, sollte man eine Reserve von rund zwei Monatsgehältern zurücklegen.
Rundum abgesichert
Der Auszug aus dem elterlichen Haushalt und das eigene Gehalt bedeuten auch: Ab jetzt muss man sich selbst versichern. Gerade für Berufsanfänger ist es ein Umstieg, sich selbst zu versichern statt wie bisher von den Policen der Eltern abgedeckt zu sein. Dabei lässt sich unterscheiden zwischen Pflichtpolicen, empfehlenswerten und sonstigen Versicherungen. Krankenversicherung und – falls ein Auto vorhanden ist – Kfz-Haftpflichtversicherung sind gesetzlich vorgeschrieben.
„Ein Muss sollten auch die Privathaftpflicht– und die Berufsunfähigkeitsversicherung sein, da sie existentielle Risiken absichern“, sagt Stefan Opalka vom Verband öffentlicher Versicherer. Beispiel Privathaftpflicht: „Bei Schäden, die ich verursache, hafte ich mit meinem kompletten Vermögen“, warnt Opalka. Bei Großschäden mit Personenschaden, zum Beispiel wenn ein Fahrradfahrer einen Autounfall mit mehreren Verletzten verursacht, kann das existenzbedrohende Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Die Mindestversicherungssumme der Privathaftpflicht-Police sollte drei Millionen Euro nicht unterschreiten.
Empfehlenswert ist außerdem eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit. Sie zahlt eine monatliche Rente, falls man seinen Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben kann. Gerade zu Berufsbeginn lohnt sich der Abschluss, da in jungen Jahren die Tarife noch günstig sind. „Die Privathaftpflichtversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung sind die am meisten unterschätzen Versicherungen“, ergänzt Opalka. „Nur rund zwei Drittel der Bundesbürger verfügen über einen Privathaftpflichtschutz.“
Eine Hausratversicherung ist vor allem dann von Vorteil, wenn der eigene Hausstand Wertgegenstände enthält – etwa teure Handys, Notebooks oder Kameras. Die Hausratversicherung bezahlt Schäden, die durch Blitz, Sturm, Leitungswasser, Feuer, Einbruchdiebstahl und Vandalismus entstehen – und ist vergleichsweise günstig. Opalka: „Die Hausratversicherung ist wichtig und sinnvoll, aber kein Muss. Das gilt auch für die Rechtsschutzversicherung.“ In den Bereich der sonstigen Policen fällt die Auslandsreisekrankenversicherung, die mit rund 10 Euro im Jahr allerdings auch nicht teuer ist.
Die Steuererklärung lohnt sich
Auch wenn sie lästig ist: Auf jeden Berufseinsteiger kommt irgendwann einmal die erste Steuererklärung zu. Die kann sich allerdings richtig auszahlen. Denn der Lohnsteuerbetrag, der monatlich vom Gehalt abgezogen wird, basiert auf einer Schätzung. Vom Monatsgehalt schließt das Finanzamt auf das jährliche Einkommen. Richtig abgerechnet wird nur einmal im Jahr: mit der Steuererklärung. Wer also nicht zu Jahresbeginn seinen Job angetreten hat, zahlt automatisch zu viel Steuern. Hinweis: ist für viele keine Pflicht, kann sich aber lohnen.
Außerdem lässt sich Einiges an Ausgaben von der Steuer absetzen. Dazu zählen sämtliche Ausgaben, die mit dem Beruf zusammenhängen: Fahrtkosten oder Bewerbungs-kosten. Das Finanzamt rechnet bis zu 1.000 Euro dieser Ausgaben pro Jahr im Rahmen der Werbungskostenpauschale mit ein. Alles, was darüber hinausgeht, muss mit Belegen nachgewiesen werden. Die Steuererklärung ist immer bis Ende Juli für das vergangene Jahr einzureichen.
Das Erstellen der Lohnsteuererklärung geht über Elster.de, das Online-Finanzamt der Bundesländer. Die Daten, die Arbeitgeber und Krankenkasse melden, sind dabei schon voreingetragen. Gute Tipps, die Bares bringen, gibt das Tool aber keine. Dafür muss man eine Steuersoftware kaufen, die beim Ausfüllen der digitalen Formulare hilft und die Daten ans Finanzamt überträgt. Noch einfacher: Lohnsteuerhilfevereine füllen für ihre Mitglieder die Erklärung aus und prüfen den Bescheid, der vom Finanzamt zurückkommt. Dies kommt günstiger als ein Steuerberater: Der Jahresbeitrag ist einkommensabhängig, er liegt je nach Verein zwischen 50 und 400 Euro – und kann anteilig bei der Steuer geltend gemacht werden.
Rücklagen für die Zukunft bilden
„Apropos Steuern, da fällt mir noch ein, hast Du eigentlich schon ans Riestern gedacht?“, fragt Jana. „An was?“. „An einen Riestervertrag für die private Altersvorsorge“, erklärt Jana.„ „Noch mehr Altersvorsorge?“, antwortet Fabian etwas genervt. „Ich soll doch schon an die betriebliche Altersversorgung und die Vermögenswirksamen Leistungen denken.“ Und er brauche ja nun auch noch Geld für Reisen und Hobbys. „Stimmt, aber das mögliche Geld vom Staat solltest Du trotzdem nicht liegen lassen.“
Bei der Vorsorge mit Riester-Rente muss der Arbeitnehmer dank staatlicher Zulagen nur einen Teil der Beiträge selbst zahlen. Die jährliche staatliche Grundzulage von 175 Euro sichert er sich bereits dann, wenn er 4 Prozent seines sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens aufwendet. Förderungsberechtigte Berufseinsteiger unter 25 Jahren erhalten dazu einen Einmal-Bonus von 200 Euro. Das beim Riester-Sparen zurückgelegte Geld ist zwar bis zur Rente fest gebunden, dafür wird die anschließend fällige Rente lebenslang gezahlt.
Riester-Verträge gibt es als Fondssparplan, Banksparplan, private Rentenversicherung, Bausparvertrag und Wohndarlehen. Ein Riester-Fondssparplan mit der Deka ist dabei nichts anderes als ein Sparvertrag mit regelmäßiger Einzahlung in einen Investmentfonds. Er kombiniert attraktive Renditechancen mit einer Kapitalgarantie zum Auszahlungsbeginn*. Die Beiträge lassen sich bei Bedarf jederzeit erhöhen, reduzieren oder aussetzen. Die Chance für Berufseinsteiger: Je eher man mit dem Riester-Sparen anfängt, desto früher gibt’s die Förderung vom Staat und desto länger kann das Geld für einen arbeiten – und Rendite abwerfen. Allerdings können sich Wertschwankungen auch negativ auf den Erfolg der Anlage auswirken.
„Alles klar“, sagt Fabian. „Danke für Deine Tipps. Viel Erfolg bei der Wohnungssuche – jetzt schaue ich mir aber erstmal in Ruhe meinen Arbeitsvertrag an.“