Wenn wir sterben, hinterlassen wir nicht nur in der analogen Welt unsere Spuren, sondern auch in der digitalen. Doch was passiert eigentlich mit unseren E-Mail-Konten, Online-Abos und Social-Media-Accounts nach dem Tod?
Ob in der Arbeitswelt, bei der Freizeitgestaltung oder in unserem Konsumverhalten: Die Digitalisierung hat unser Leben maßgeblich beeinflusst und ist aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Dabei hinterlassen wir mehr Spuren, als uns bewusst ist. Es sind Fotos, Dokumente und Videos, die auf Computern, Tablets, Smartphones oder in der Cloud gespeichert sind. Weiter sind es unsere E-Mail-Konten, über die wir tagtäglich kommunizieren – privat wie beruflich. Es sind unsere Profile auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram & Co., durch die wir unsere Familie, Freundinnen und Freunde auch über weite Entfernungen hinweg an unserem Alltag teilhaben lassen. Es sind die Online-Abos und die Konten, die wir für unsere Lieblings-Onlineshops besitzen. Doch was passiert eigentlich mit all diesen Daten, wenn wir sterben? Eine Frage, der häufig wenig Beachtung geschenkt wird, bis der Ernstfall eintritt. Dann wird der Ernstfall zu einer Herausforderung für diejenigen, die sich um unseren digitalen Nachlass kümmern müssen.
Was passiert mit den Daten nach dem Tod?
Viele von uns gehen davon aus, dass Online-Konten bei Inaktivität automatisch gelöscht werden. Das ist jedoch selten der Fall. Die Spuren, die wir im Internet hinterlassen, bleiben auch nach unserem Tod bestehen. E-Mail-Konten, Social-Media-Profile, Chats, Blogs, Online-Abos & Co. existieren weiter. Die Verantwortung für die Konten und Profile – und somit auch die Regelung des „digitalen Erbes“ – tragen die Nutzerinnen und Nutzer selbst. Wenn ein Mensch stirbt, geht das Vermögen als Ganzes auf die Erbenden über. Nach dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs betrifft das auch den digitalen Nachlass, welcher somit wie das Erbe von Gegenständen zu behandeln ist. Das bedeutet also, dass alle Rechte zur Nutzung und Verwaltung auf die Erbenden übertragen werden. Gleichzeitig werden aber auch die Pflichten vererbt – bspw. die Kosten für zahlungspflichtige Online-Abos, vor dem Tod aufgegebene Bestellungen und gebuchte Urlaube. Mit diesem Wissen sollte sich jeder also schon zu Lebzeiten um seinen digitalen Nachlass kümmern.
Was gehört zum digitalen Nachlass?
Der digitale Nachlass bzw. das digitale Erbe ist die Gesamtheit des digitalen Vermögens, wobei es sich um eine Vielzahl an Rechtspositionen einer verstorbenen Internetnutzerin bzw. eines verstorbenen Internetnutzers handelt. Dazu zählen alle Rechtsverhältnisse, Rechte und Pflichten gegenüber IT-Systemen und Dienstleistern (bspw. Online-Abos, Streamingdienste und Softwarelizenzen), sämtliche elektronische Daten auf lokalen Datenträgern, im Internet und in Cloud-Diensten sowie Nutzerkonten und Zugangsdaten. Auch elektronisch verfasste Texte wie E-Mails, Social-Media-Beiträge und Blogs, sowie Fotos, Videos und Audio-Aufnahmen gehören zum digitalen Nachlass. Er kann sowohl finanziellen, als auch ideellen Wert haben.
Welche Regelungen gibt es für Social-Media-Accounts?
Social-Media-Accounts werden im digitalen Nachlass ebenso wie andere Online-Konten im Todesfall vererbt. Eine entscheidende Rolle spielt bei hinterlassenen Social-Media-Accounts das postmortale Persönlichkeitsrecht, welches zwischen Zugriffs- und Nutzungsrecht differenziert. Das bedeutet, dass die Erbenden zwar Zugriff auf die Social-Media-Profile der verstorbenen Person haben dürfen. Sie besitzen jedoch nicht automatisch das Recht, bereits vorhandene Inhalte zu verändern oder neue zu erstellen. Je nach Nutzungsart – ob privat oder geschäftlich als bspw. Influencerin bzw. Influencer – hängt an Social-Media-Profilen manchmal viel Geld, zweifelsohne jedoch Erinnerung. Die Frage, wie Social-Media-Anbieter mit den Daten einer Nutzerin oder eines Nutzers nach dem Tod umgehen, kann nicht pauschal beantwortet werden.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass die übermittelten und gespeicherten Daten beim Online-Anbieter bleiben. Einige Social-Media-Anbieter geben den Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, ihren digitalen Nachlass bereits zu Lebzeiten direkt in den Einstellungen zu regeln. Über den „Kontoinaktivitätsmanager“ des Internet-Konzerns Google können vorab eine oder mehrere Vertrauenspersonen bestimmt und Nutzungs- sowie Zugriffsrechte auf die bei Google hinterlegten Daten geregelt werden. Auch bei Facebook kann zu Lebzeiten ein Nachlasskontakt angegeben werden. Außerdem wird der Account einer Person automatisch in einen Gedenkzustand versetzt, sobald Facebook über den Tod einer Person Kenntnis erhält. Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde können dort auch nach dem Tod noch Erinnerungen an die verstorbene Person teilen. Dieser Gedenkzustand kann durch die Erbenden aufgehoben und die Löschung des Accounts, falls gewünscht, beantragt werden.
Für die Erbenden ist es wichtig, den digitalen Nachlass zu überblicken und zu verstehen, um anschließend die richtigen Entscheidungen – auch im Willen der verstorbenen Person – treffen zu können. Wer sich schon frühzeitig um den eigenen digitalen Nachlass kümmert und vorsorgt, kann zum einen selbst entscheiden, welche Daten später für seine Erbenden zugänglich gemacht werden sollen und kann zum anderen seine Liebsten entlasten. Hier sind ein paar Tipps zusammengefasst, die die Abwicklung des digitalen Nachlasses für alle Beteiligten erleichtert:
#1 Überblick verschaffen
Um sich bereits frühzeitig selbst einen Überblick über die eigenen digitalen Spuren zu verschaffen und später die Abwicklung für seine Hinterbliebenen zu erleichtern, hilft es, die eigenen Online-Aktivitäten zu dokumentieren, zu organisieren und regelmäßig zu überprüfen. So lassen sich auch ungenutzte Online-Konten und Daten schnell identifizieren und können bei Bedarf gelöscht werden. Einfacher und schneller funktioniert das mit sogenannten „Identitätsdiensten“. Wer zur Anmeldung oder Registrierung auf einer Website den Button „Mit Google fortsetzen“ oder „Login mit Facebook“ genutzt hat, der hat bereits den Authentifizierungsdienst Single Sign-on (SSO) verwendet, der als eine Art Generalschlüssel zur Identitätsprüfung mit nur einem Klick dient. Dadurch werden Online-Konten miteinander verknüpft und Daten übertragen.
Die Rheinhessen Sparkasse bietet mit ihrem eigenen Identitätsdienst yes® eine besonders sichere Alternative zu den Login-Möglichkeiten anderer Online-Anbieter. Um yes® nutzen zu können, wird lediglich ein Online-Banking-Zugang bei einer europäischen Bank oder Sparkasse benötigt. Somit garantiert yes® die Identitätsprüfung und Online-Datenübermittlung in der sicheren Umgebung des Online-Bankings. Neben der Anmeldung und Registrierung über das sichere SSO von yes® können Antragsformulare, wie bspw. Vertragsabschlüsse, mit den hinterlegten Daten schnell und unkompliziert ausgefüllt werden. Die automatische Daten-Übersicht ist jederzeit einsehbar. Dabei können individuelle Anpassungen vorgenommen werden und jede Nutzerin und jeder Nutzer behält die gesamte Kontrolle über die eigenen Daten.
#2 Liste mit Accounts und Zugangsdaten erstellen
Ergänzend dazu ermöglicht eine detaillierte Übersicht aller bestehender Accounts den Erbenden einen schnellen Überblick. Darin sollten sämtliche Zugangsdaten und Passwörter für genutzte E-Mail-Dienste, Social-Media-Netzwerke, Bezahldienste, den Versandhandel und eigene Internetkäufe. Aber auch Daten zu Online-Banking und Streaming-Diensten dokumentiert werden. Zudem können konkrete Angaben darüber, welche Verträge gekündigt, welche Daten gelöscht, was mit E-Mail-Konten, Social-Media-Profilen und Geräten wie Computern, Tablets und Smartphones sowie den dort gespeicherten Daten geschehen soll, festgehalten werden. Diese Liste kann analog oder digital sein, sollte allerdings in jedem Fall regelmäßig geprüft, aktualisiert und möglichst sicher aufbewahrt werden. Im Dokumenten- und Passwortmanager „S-Trust“ der Sparkasse können alle wichtigen Dokumente im geschützten Cloud-Bereich der Sparkasse online abgelegt werden. Dort sind sie nach Anmeldung über den persönlichen Online-Banking-Zugang jederzeit von überall aus verfügbar.
#3 Vertrauensperson bestimmen und miteinbeziehen
Bei der Vorsorge des digitalen Nachlasses bietet es sich an, eine Person des Vertrauens mit in die Planung einzubeziehen und ihr mitzuteilen, wo sich die Liste mit den Zugangsdaten befindet. Das kann die Ehepartnerin oder der Ehepartner sein, die beste Freundin oder der beste Freund, aber auch die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt. Im Rahmen einer Vorsorgevollmacht kann sie auch als Vertrauensperson genannt werden, die sich im Krankheitsfall um die digitalen Online-Dienste und Accounts kümmert. Für eine Vorsorgevollmacht gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Form, sie sollte jedoch unterschrieben und datiert sein. Soll die Vorsorgevollmacht im Todesfall auch darüber hinaus gelten, ist es wichtig, dies zu vermerken. Ansonsten wird der digitale Nachlass – falls auch im Testament nicht detaillierter aufgeführt – an den Universalerbenden übertragen.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, der kann sich bezüglich der Erstellung der Vorsorgevollmacht Rat von seiner Rechtsanwältin oder seinem Rechtsanwalt einholen oder die Vorsorgevollmacht zusätzlich von einer Notarin oder einem Notar beglaubigen lassen.
#4 Den digitalen Nachlass im Testament regeln
Ganz klassisch lässt sich der digitale Nachlass im Todesfall auch im Testament regeln, worin zudem festgehalten werden kann, dass nur bestimmten Personen Einblick in die Daten erhalten. Dabei sollten hier ebenfalls sämtliche Zugangsdaten von E-Mail-Konten und anderen Internet-Diensten dokumentiert werden. Bitte beachten: Das Testament sollte unbedingt handschriftlich verfasst, datiert, klar formuliert und unterschrieben sein. Um sicher zu gehen, dass alles rechtens ist, lohnt es sich, eine Notarin bzw. einen Notar oder eine Fachanwältin bzw. einen Fachanwalt für Erbrecht zu konsultieren. Damit das Testament sicher verwahrt und auch für alle Beteiligten im Ernstfall auffindbar ist, bietet sich die öffentliche Verwahrung des Testaments beim Amtsgericht an.
Was tun, wenn es keine digitale Nachlassregelung gibt?
Wenn ein Mensch stirbt, gehen die Rechte und Pflichten an dessen Daten an die Erbenden über. Doch wenn die Existenz des digitalen Erbes mit seinen Zugangsdaten nicht bekannt ist und keine vorsorglichen Nachlassregelungen getroffen wurden, lassen sich die digitalen Spuren der verstorbenen Person für die Hinterbliebenen kaum rekonstruieren. In diesen Fällen können digitale Nachlassdienste und Bestattungsunternehmen bei der Feststellung des digitalen Erbes helfen. Dabei übernehmen sie die Erledigung der digitalen Formalitäten. Mit dem Erbschein bzw. der Erbberechtigung kümmern sie sich um die Abwicklung bekannter Daten. Weiter prüfen sie bei Online-Anbietern, welche Konten und Verträge existieren und verfahren anschließend so, wie von der erblassenden Person oder von den Erbenden gewünscht. Die Erbenden können sich so auf bewährte Prozesse, professionelle Erfahrung und die sichere Verwaltung und Abwicklung des digitalen Nachlasses stützen.
Jetzt vorsorgen und Zeit, Ärger und Kosten sparen
Die digitale Welt bringt neben ihren umfassenden Möglichkeiten auch einige Herausforderungen mit sich. Dazu gehört die Verantwortung zur Verwaltung des digitalen Nachlasses – als Erblassende oder Erblassender, aber auch als Erbin oder Erben. Wer das Internet also selbst aktiv nutzt oder Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde hat, die ein Online-Leben führen, sollte sich frühzeitig informieren und die aktuellen Möglichkeiten zur Vorsorge des digitalen Nachlasses nutzen.