Interview mit Moritz Eisenach von der Musikmaschine zur jungen Kulturszene in Mainz
Schon Karl Valentin hat gewusst, dass hinter erfolgreicher Kunst hart arbeitende Menschen stehen. Einer dieser Menschen ist Moritz Eisenach, Geschäftsführer der Musikmaschine. Er hat mich in sein Büro in der Mainzer Neustadt eingeladen, um im Interview davon zu erzählen, wie er in der rheinhessischen Hauptstadt für eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft sorgen möchte.
Rheinhessen Sparkasse: Moritz, täglich erreichen Dich Anfragen von Künstlern, die mit ihrer Musik auch in Mainz Menschen begeistern möchten. Wie sieht Deine Arbeit diesbezüglich aus?
Moritz Eisenach: In den letzten Jahren haben wir mit der Musikmaschine ungefähr 500 Konzerte organisiert, also ungefähr zwei pro Woche. Dabei wäre das Potenzial da gewesen, zehnmal so viel zu machen. Es gibt heutzutage sehr viele Menschen, die Musik machen. Daraus entsteht dann ein Überangebot an Künstlern, die natürlich alle daran interessiert sind, sich und ihre Musik der Öffentlichkeit zu zeigen. Gleichzeitig gibt es nicht genügend Locations und Events, um all diesen Künstlern eine Bühne zu bieten. Allein deswegen ist es nicht einfach, all diesen Leuten gerecht zu werden.
Rheinhessen Sparkasse: Wenn mehr Leute Musik machen, als je zuvor, ist das dann nicht positiv für die Arbeit der Musikmaschine?
Moritz Eisenach: Ja und nein. Einerseits finden heute viele Leute Zugang zu Kunst und Musik und drücken sich selbst aus. Andererseits wird es für uns dadurch schwieriger, die Spreu vom Weizen zu trennen. Uns mangelt es aber nicht an Profis, die auch die notwendige Qualität liefern können. Um herauszufinden, wer wirklich etwas auf dem Kasten hat, muss man mehr Zeit in Recherche investieren. Unsere tägliche Arbeit hat sich in der letzten Zeit daher eher weg von der reinen Künstlervermittlung hin zur Planung und Konzeption von Veranstaltungen verschoben. Wir bieten Künstlern eine gute Präsentation und unser Netzwerk an. Nicht zuletzt entstehen durch die eigenen oder beauftragten Veranstaltungen oft auch Auftrittsmöglichkeiten. Grundsätzlich haben wir den Eindruck, dass sich in Mainz durch unsere Arbeit mehr Künstler, Musiker und DJs vernetzt und kennengelernt haben, dass wir also eine Art Stabilisator und Anlaufstelle für die kreative Szene sind. Wir sind allmählich auch zu einem Ansprechpartner größerer Agenturen aus anderen Städten geworden, wenn diese Veranstaltungen in Mainz planen. So kann es weitergehen.
Rheinhessen Sparkasse: Das hört sich nach einem sehr abwechslungsreichen Berufsleben an. Welchen Herausforderungen begegnet man dabei?
Moritz Eisenach: Abwechslungsreich ist das in der Tat, denn jede Veranstaltung ist einzigartig und hat ihre eigenen Tücken. Das fängt schon bei der Planung an. Sind alle notwendigen Erlaubnisse eingeholt? Bleiben die Veranstaltungskosten im Rahmen? Funktioniert die Technik so, wie sie es soll? Und selbst wenn sich alles eingespielt hat, ist das kein Garant dafür, dass es auch so bleibt. Ein Beispiel dafür ist unsere Veranstaltungsreihe „Kassettendeck“. Ursprünglich haben wir auf dem Deck 3 im Staatstheater damit begonnen, daher auch der Name. Von da aus sind wir in das Gebaeude 27 im Nordhafen gezogen. Anschließend ging es weiter zur Planke Nord. Mittlerweile haben wir uns in die Altmünsterkirche verlagert. Die wechselnden Locations ließen sich leider nicht vermeiden, gerade der Abschied von der Planke Nord war für uns sehr schmerzlich. Hier konnten wir einen Besucherrekord mit über 1.000 Gästen verzeichnen – im Sommer bei tollem Wetter und draußen, das war schon etwas ganz besonderes. Ich denke, solche „Freiräume“ – im wahrsten Sinne des Wortes – steigern die Lebensqualität in einer Stadt sehr stark und ich hoffe, wir finden auch in Zukunft immer wieder schöne Locations, die wir durch unsere Künstler der Mainzer Kulturszene zugänglich machen können.
Rheinhessen Sparkasse: Wie gehen denn die Gäste damit um? Nimmt die Wertschätzung der Gäste gegenüber einer Veranstaltungsreihe durch diese Situation ab? Hat das dann auch Auswirkungen auf die Künstler?
Moritz Eisenach: Ich kann glücklicherweise nicht bestätigen, dass die Wertschätzung sehr stark abnimmt. Sie verschiebt sich nur. Viele professionelle Musiker erarbeiten sich inzwischen aus Konzerten höhere Erlöse als aus dem Verkauf von Musik auf Trägermedien wie Schallplatten, CDs oder über Streaming-Dienste. Dennoch gibt es natürlich Herausforderungen. Ich denke, an der unteren Schwelle liegen die Probleme in der Akzeptanz der Zuschauer, für unbekanntere Künstler Geld zu bezahlen. An der oberen Schwelle herrscht eine starke Marktkonzentration, sodass Ticketanbieter quasi in Monopolstellung sind und die Musiker regelrecht ausnutzen. Die Musikmaschine versucht einerseits, kulturelle Veranstaltungskonzepte zu erarbeiten, bei denen möglichst geringe direkte Kosten für die Zuschauer entstehen. Dafür sind dann starke Partner wie zum Beispiel die Sparkasse nötig, um die Finanzierung zu erleichtern und es zu ermöglichen, dass die Künstler trotz geringer Eintrittspreise Gagen bekommen. Andererseits arbeiten wir aber auf gewisse Weise pädagogisch und versuchen, den Gästen zu erklären, dass gute Musik auch ein bisschen Geld kosten muss. Sonst gibt es sie bald nicht mehr und man steht vor der Frage: Was ist nun das Besondere an einer Playlist?
Rheinhessen Sparkasse: Moritz, mit Deiner Arbeit prägst Du die Kulturszene in Mainz ein gutes Stück weit mit. Wie würdest Du Dir für die Entwicklung dieser Szene und ihrer Bedingungen wünschen?
Moritz Eisenach: Wir sind in Mainz eigentlich ganz gut aufgestellt, von daher könnte ich sagen: „Ich bin wunschlos glücklich“ – aber ich möchte mich weiterentwickeln und damit auch die Szene voranbringen. Vor diesem Hintergrund ist Vielfalt natürlich nie verkehrt. Dazu bräuchten wir mehr Locations wie das Schon Schön oder bald wieder das KUZ. Und für große Veranstaltungen wäre auf der Mainzer Seite des Rheins auch ein Pendant zum Wiesbadener Schlachthof toll. Vielleicht ergibt sich das ja irgendwann. Durch die guten Kontakte zur Stadt und der Verwaltung werden wir da sicherlich auch in Zukunft einiges auf die Beine stellen können. Was mir da das Leben sehr angenehm machen würde, wäre ein „städtischer Veranstaltungskoordinator“, ein zentraler Ansprechpartner, bei dem alle notwendigen Genehmigungen gesammelt abgewickelt werden könnten. Es ergeben sich so oder so immer wieder neue Möglichkeiten. In der Vergangenheit hatten wir das „Luftschloss Sommerfest“, das „Hafenklang Festival“, das „Neutorfest“ und wir werden auch in Zukunft mit vielen tollen Künstlern hier in Mainz und Umgebung aktiv bleiben.
Rheinhessen Sparkasse: Wir wünschen dabei viel Erfolg und freuen uns auf viele tolle Veranstaltungen!
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