Es riecht nach Anstrengung. Sport. Körperlichem Kräftemessen. Ich betrete die Ringerhalle und tauche ein in eine mir völlig fremde, aber wie ich feststelle, faszinierende Welt: Den Ringkampf.
Meine Schuhe hallen laut auf dem abgenutzten Echtholzboden wider, während ich auf Norbert Schanno und Cengiz Cakici zugehe. Cakici macht mit einem Basketball noch ganz locker einen 3-Punkte-Wurf, dann werde ich herzlich begrüßt. Die beiden haben mich eingeladen, um mir die Welt des Ringens näher zu bringen. Bislang weiß ich nicht viel über diesen Sport. Nur, dass es ihn schon sehr lange gibt und es darum geht, den Gegner irgendwie umzuwerfen.
Ich bekomme erstmal eine Führung durch die Räumlichkeiten. Da ich keine Ahnung habe, wie Ringer trainieren, staune ich nicht schlecht. Die Ausstattung kann mit der eines Fitnessstudios durchaus mithalten, wenngleich man hier keine Laufbänder, Spinning-Bikes oder Flexi-Bars sieht, sondern all das, was Kraft verleiht: Gewichte und Geräte, um seine Muskeln zu trainieren. Die Geräte lassen gleich erkennen, dass sie rege gebraucht werden. Im Unterschied zu manchem Fitnessstudio ist hier nicht alles „Hochglanz“. Ich habe das Gefühl, dass hier ehrlich trainiert wird und es nicht darum geht, sich selbst in Szene zu setzen.
Auch eine Sauna ist vorhanden. Zur Entspannung nach dem Training mutmaße ich. Doch ich liege daneben. Die Entspannung mag ein Nebeneffekt sein, doch dient die Sauna hauptsächlich dazu, das Gewicht der Athleten in die richtige Gewichtsklasse zu rücken. Abnehmen leicht gemacht? Wohl kaum, ich stelle es mir anstrengend vor, vor einem Wettkampf mehrere Kilo nur durch Schwitzen zu verlieren.
Wir kommen tiefer ins Gespräch. Cengiz Cakici, Jugendreferent und –trainer, erzählt mir von den „goldenen“ Zeiten, den vergangenen Jahrzehnten, als es alleine in Mainz und Umgebung sieben oder acht Ringervereine gab. Heute sieht das anders aus und dennoch stellt die Region Mainz mit zwei Bundesligavereinen eine Besonderheit dar. Denn Lokalderbys gibt es heute nur noch hier. „Ringen bekommt leider nicht die gleiche mediale Aufmerksamkeit wie z.B. Fußball“, erklärt Cakici. „Den Vereinen, auch uns, fehlt die Basis – die Jugend. Im Zeitalter der digitalen Technik beschäftigen sich Kinder zunehmend mit Dingen, zu denen das Ringen leider nicht gehört.“
Die beiden Bundesligisten in der Region Mainz, der SVA Nackenheim und der ASV Mainz 88, sind zwar sportliche Konkurrenten, doch ansonsten ist man freundschaftlich verbunden und schaut sich gegenseitig die Kämpfe an. Auch der eine oder andere Wechsel von Athleten zwischen den Vereinen hat schon stattgefunden. Die Rheinhessen Sparkasse unterstützt beide Vereine und wird selbstverständlich auch über die Lokalderbys am 07.10.2017 und 18.11.2017 berichten.
Wenn Cengiz Cakici erzählt, ist nicht zu übersehen, wie er für seinen Sport „brennt“. Ich frage ihn, was die Begeisterung für den Sport ausmacht. „Es ist der Kampf „Mann gegen Mann“. Man stellt sich dem Gegner in einem ehrlichen Kampf. Dafür benötigt man eine vielseitige sportliche und technische Ausbildung. Muskeln alleine reichen nicht aus, Ringen vereint turnerische Elemente, Koordination, Ausdauer, psychische Stärke, aber auch Kraft.“ Das klingt komplex, doch vereinfacht ausgedrückt ist Ringen „Raufen und Toben nach Regeln“. „Natürlich haben wir im Verein auch Anlässe, die nicht direkt mit dem Ringen zu tun haben, unser Oktoberfest oder unsere Fastnachtsveranstaltungen. Da kommt auch das Zwischenmenschliche nicht zu kurz“, fügt Schanno hinzu.
Der „Sportverein Alemannia Nackenheim 1912 e.V.“, unter Eingeweihten nur kurz „SVA“ genannt, startet 2017 zum ersten Mal in der Bundesliga Ringen. Die Chancen auf sportliche Erfolge stehen hierfür nicht schlecht, hat es der SVA doch geschafft, hochkarätige Sportler zu verpflichten, die für den Verein fleißig Erfolge sammeln wollen. „Wir haben mit Denis Kudla einen Olympia-Bronzemedaillen-Gewinner und aktuell einen der besten, wenn nicht sogar den besten Ringer Deutschlands in unserer Mannschaft“, erklärt Cakici. Das der SVA durchaus in der Lage ist, Erfolge zu erzielen, hat er in der über 100-jährigen Vereinsgeschichte schon mehrfach unter Beweis gestellt. Norbert Schanno, verantwortlich für Sponsoring und Marketing des Vereins, sieht das Geheimnis dieser zahlreichen Erfolge in der Unterstützung durch die Nackenheimer Fans: „Wir haben eine sehr familiäre Atmosphäre im Verein, der nur von einem kleinen Kreis engagierter Ehrenämtler organisiert wird. Die Sportler spüren das und fühlen sich wohl bei uns.“ Für die aktuelle Saison wünscht sich Norbert Schanno „dass der Klassenerhalt in der Bundesliga gelingt und wir die Sportler der zweiten Mannschaft an die Bundesliga heranführen können. Darüber hinaus möchten wir die Förderung der Nachwuchsarbeit im Schüler- und Jugendbereich ausbauen.“
Schanno und Cakici erzählen mir, wie ein Kampf abläuft. Beim Mannschaftskampf treten die Athleten in 10 Gewichtsklassen abwechselnd im griechisch-römischen Stil und im Freistil gegeneinander an. Die Kampfzeit beträgt zwei Mal drei Minuten, mit einer Unterbrechung von 30 Sekunden. Die Mannschaft mit den meisten Punkten gewinnt. „Während dieser sechs Minuten geben die Jungs auf der Matte Vollgas“, schwärmt Cakici. Für Zuschauer sind die Kämpfe in Nackenheim dabei ein besonderes Erlebnis. Anders als bei anderen Vereinen, stehen oder sitzen die Zuschauer direkt neben den Kämpfern, da die Halle relativ klein ist. „Die Atmosphäre bei unseren Kämpfen ist einmalig. Im Gegensatz zu größeren Hallen hat man bei uns die Athleten wirklich zum Anfassen“, betont Norbert Schanno. „Die Atmosphäre in Nackenheim ist besser als im New Yorker Madison Square Garden“, sagt Cengiz Cakici. Und er muss es wissen, denn er hat dort schon selbst gerungen. Während die beiden leidenschaftlich die Atmosphäre schildern, stelle ich mir unweigerlich vor, wie begeisterte Zuschauer ihren Favoriten mit Zurufen anfeuern, mit ihm leiden und während der sechs Minuten euphorisch mitfiebern. Der Wunsch, mir einen Kampf anzusehen, wächst immer weiter, und so bin ich erfreut, als ich eingeladen werde, mir einen Ringkampf „live“ anzusehen.
Schanno und Cakici leben für ihren Sport, das habe ich heute feststellen können. Sie wollen etwas bewegen. Den Verein voranbringen und auch andere Menschen für das Ringen begeistern. Auch über tatkräftige Unterstützung freuen sie sich immer. „Wir machen hier ja alles ehrenamtlich, da freuen wir uns über jede helfende Hand“, verraten Sie mir. Das leuchtet mir ein und macht das, was ich sehen konnte, besonders, denn ich kenne bis jetzt keine Sportart, in der auf Bundesligaebene nur durch ehrenamtliche Helfer ein solches Niveau geschaffen wird.
Wenn auch Sie sich jetzt für den SVA Nackenheim und das Thema Ringen begeistert haben oder den Verein unterstützen möchten, besuchen Sie für weitere Informationen die Internetseite des SVA Nackenheim. Auf unserem Blog werden wir zukünftig über sportliche Ereignisse und Aktivitäten des Vereins berichten. Berichterstattung zum ASV Mainz 88 finden Sie bereits jetzt schon in unserer Rubrik „Ihre Sparkasse“.